Studienprojekt 2016 “REALLABOR :: Innenstadt + Smart Retail”
Inhalt und Ziel des Studienprojektes
Wandel und Umbrüche im stationären Einzelhandel gab es in der Vergangenheit immer wieder aus ver-schiedenen Gründen und Anlässen. Im Rückblick scheint es, als vollzogen sich die Veränderungen allmählich. Sie wurden beobachtet und darauf dementsprechend von den verschiedenen Akteuren aus Handel, Wirtschaft, öffentlicher Hand etc. reagiert bzw. diese aktiv gesteuert. Auf Grund des technologischen Fortschritts und der zunehmender Digitalisierung scheint das derzeitige Tempo der Veränderungen im Handel jedoch erheblich rasanter und nahezu unkalkulierbar. Entsprechend der gewachsenen Möglichkeiten hat sich ein heterogeneres Konsumverhalten bei den Käufern herausgebildet. Die Einzelhändler reagieren darauf mit neuen Strategien zur Warenpräsentation, Kundenansprache und im Vertrieb. (RP Consulting 2014: 5)
Der stationäre Handel sucht aktuell ebenso wie der noch verhältnismäßig junge Onlinehandel seine Stel-lung beim Käufer. Entgegen der Befürchtungen von Verdrängungsprozessen oder gänzlicher Auflösung einzelner Vertriebswege/Verkaufskanäle, existieren stationärer und online Handel parallel zueinander. (BULLINGER 2015: 464) Getrieben vom wachsenden, umsatzstarken E-Commerce findet jedoch eine Verschiebung bzw. zumindest eine Ausdifferenzierung des Kundenverhaltens statt, das für die Stadt- und Raumstruktur und vor allem Innenstädte immense Veränderungen mit sich bringen kann. Branchenexperten mahnen an, dass Handel, Stadt und Politik sich ihrer Bedeutung bewusst werden und zum Erhalt attraktiver Innenstädte einen Beitrag leisten müssen. Der HDE warnt: „Gelingt dies nicht, könnten bis zum Jahr 2020 rund 50.000 Läden vom Markt verschwinden.“ (Erlinger 2014: 21) Für die Innenstädte können sich daraus Chancen gleichermaßen wie Risiken entwickeln. Die Leitfunktion Handel kann dadurch er-heblich geschwächt werden, es entstehen jedoch auch potenzielle Bereiche, die einer neuen Funktion zugeführt werden können.
Experten der verschiedenen Handelsbranchen sehen Omnichannel Strategien bzw. den No-Line Commerce als zukünftiges Kernelement zur Sicherung der Überlebensfähigkeit des stationären Handels. (Hei-nemann 2013: 176-177) Bislang stellt sich jedoch die Frage, welcher Vertriebskanal dabei welche Rolle/Position einnimmt, wie diese miteinander vernetzt werden können und welche Qualifizierung dies für den stationären Handel und die Innenstadt mit sich bringt.
Die Digitalisierung allgemein und insbesondere des Handels hat neben ökonomischen Folgen auch direkte und indirekte Auswirkungen auf den gebauten Stadtraum: neue Anforderungen an Verkaufsflächen und Warenpräsentation, Netzverfügbarkeit, Gestaltung des öffentlichen Raumes etc. Auf Grund der stark differenzierten Ausgangssituationen in verschiedenen Städten/Handelsstandorten findet die Vernetzung des Onlinehandels mit dem stationären Handel bisher punktuell angetrieben von der Handelsbranche statt.
Forschungsthese
Die Entwicklung und Gestaltung des Stadtraumes findet aktuell als Reaktion auf die technischen Entwicklungen statt. Die Bedeutung des Handels als Leitfunktion in Innenstädten geht zugunsten einer intensiveren Nutzungsmischung zurück. Potenziale der Digitalisierung für die Stadtentwicklung wurden bisher nur wenig erkannt und genutzt.
​
Für die Projektbearbeitung ergeben sich daher folgende mögliche Fragen:
​
-
Welche Chancen und Risiken bringt die zunehmende Digitalisierung im Einzelhandel für den gebauten Stadtraum?
-
Wie sieht die Vernetzung der verschiedenen Kanäle im Stadtraum (bisher) aus?
-
Wie könnte zukünftig ein Patchwork aus stationärem und online Handel in der Stadt mit zugehörigen Flächenbedarfen aussehen?
-
Welche Schnittstellen zwischen virtueller und realer Einkaufswelt sowie anderen Nutzungen bestehen und wie sind diese gestaltet?